Nachruf

Wenn mich jemand fragt & ich zusammenfassend etwas zu meinem Vater Klaus Illner sagen will, dann sage ich gerne, daß er ein sensibler & mutiger sowie streitbarer Mann war. Zumindest in den letzten Jahren seines Lebens. Da steckt eine bewusste emotionale Ambivalenz hinter meinen Worten & die Erinnerung an Auseinandersetzungen & Streit.

Ich bin der Natur/Gott sehr dankbar für diesen Vater, den ich nicht ohne meine Mutter Bärbel denken kann! Er hat zur Hälfte das Fundament gelegt, auf das ich mein Haus gebaut habe. Eine tiefe Liebe, wenn auch nicht immer ausgesprochen, & ein Grundvertrauen! Erst als ich als Teenager mal an diesem Fundament zweifelte, geriet mein Leben ins Wanken. Vielleicht auch das meines Vaters!? Ein wichtiger Moment zwischen Vater & Sohn. Ein wichtiger Moment für mich!

Überblicke ich nun das große & vielgestaltige Oeuvre meines Vaters, so fällt mir auf, wie seine Bilder aus verschiedenen Lebensphasen seine Befindlichkeiten widerspiegeln. Gedanken & Gefühle. Stark & deutlich der Wechsel seiner Betrachtungen in Farbe & Form in der Zeit nach der Wende. Weg von mit sicherer Hand gezeichneten & gemalten Naturbetrachtungen hin zu Betrachtungen der unsicheren Seele. Die Wende, ein existentiell verändernder Umbruch, der auch ihn als Ossi in eine große Krise hat stürzen lassen. Zerstörte Portraits in schrillen Farben & Formen/surreale Welten taten sich auf. Spiegelbilder.
Nach Zeiten des Rückzugs fing er mutig eine Ausbildung zum Sozialarbeiter an & begleitete von nun an Menschen in Krisen. Psychologie & Kunst verband er in einer erdigen Art & Weise & immer wieder mit sarkastischem Blick auf die Welt & die Politik. Zuweilen zynisch. Ein Sarkasmus & Zynismus, den ich als Kind noch nicht verstehen konnte & den er mehr lebte & weniger intellektuell durchdrang oder an sich wahrnahm. Menschenbilder aus seiner Perspektive entstanden.

Musik bewegte ihn sehr stark & sprach Gefühle in ihm an. Er gründete schließlich als Sozialarbeiter eine eigene Band, Great Water, die Irish Folk spielte. Auch als er Rentner wurde, spielte er weiter die Mandoline in dieser Band. Klassische Konzerte & Theaterbesuche inspirierten ihn auf der anderen Seite! Seine Malereien, Pastelle & Druckgrafiken künden zahlreich davon.

So sensibel, klug & geschickt, wie er als junger Mann im Beruf des Holzbildhauers & Drechslers in der Werkstatt arbeitete & bis zur Wende Geld für die Familie damit verdiente, so sensibel ging er auch in den Nachwendejahren mit der Betrachtung & Verarbeitung von Farben um, die zudem nun leicht im Handel zu bekommen waren.
Seine Pastelle & Ölbilder begleiteten mich als junger Mann. Schon als Kind beobachtete ich genau, was mein Vater so trieb auf dem Papier & auf der Leinwand. Ich freue mich, daß wir so künstlerisch eine gemeinsame Ebene hatten als erwachsene Männer. Eine starke Verbindung mit einer herben Zärtlichkeit, einer Prise Streit & manchmal gut gewürzt mit gesundem Misstrauen & Skepsis.

Wie bereits geschrieben, ich bin sehr dankbar für diesen Vater, den ich sehr geliebt habe. Seine Bilder & viele gute gemeinsame Erlebnisse, die ich gerne erinnere. Sie bleiben!

Matthias Illner
Berlin im Mai 2025